Sonntag, 28. Januar 2018

Anatomie einer Selbstzerstörung

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                                                        Spoiler zu System Shock 2                            
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System Shock 2 ist zwar einerseits ein großartigesRollenspiel, mit einer einzigartigen, bedrückenden Atmosphäre, andererseits ist es auch das Videospiel, mit dem bizarrsten Ende, das mir je untergekommen ist. Ursprünglich handelt es sich um eine tonal kohärente Sci-Fi-Horrorgeschichte, mit einer größenwahnsinnigen KI und einem Weltraum-zombie-virus ála Advent Rising, bis man den Endboss besiegt und sich ein plötzlicher, tonaler Wendung ereignet. Wenn jemand, System Shock 2 nicht gespielt hat kann hier die Endsequenz ansehen. In einer einzigen, bizarren Sekunde und einem seltsam gesetzten Wort wird sämtliche Ernsthaftigkeit des ursprünglich recht spannungsgetriebenen Spiels zerstört.

Um weiterzumachen muss ich kurz auf meine eigene Vergangenheit zurückgreifen: Ich selber schrieb früher selbst hin und wieder “Bücher“, die heute in Retrospektive höchstens als mittelmäßige Fanfictions durchgehen würden. Aber zu schreiben kostet Zeit und Nerven. Darum war es nicht unhäufig, nach mehreren, geschriebenen Kapiteln sämtliche Lust zu verlieren und die Geschichte möglichst schnell zu Ende zu bringen. Ein Weg war der Erzählung ein unerwartetes Ende zu geben, meist eins was mit der Kohärenz des vorig Erzählten bricht. Anstatt einer unfertigen Geschichte hat man nun zwar einen tonal sprunghaften Bastard aber es beruhigt den Geist eines Schreiberlings, wenn die Geschichte Hauptsache ein Ende hat.


Und ich glaube selbiges Schema auch bei System Shock 2 zu erkennen. Es ist bekannt, dass das Team um Ken Levine, das System Shock 2 mit der Hilfe von Looking Glass entwickelte, in Zeitnöte geriet und viele Konzepte über Bord warf. Die letzten Level System Shock 2 wirken auch im Vergleich mit dem Anfang des Spiels unausgereift und unpolished. Was macht man, wenn einem der Publisher im Nacken sitzt und das Projekt endlich fertig werden muss: man beeilt sich. Endlich fertigwerden. Nach mehreren Jahren mit einer unvorteilhaften Engine und einem Haufen unerfahrener Entwickler galt wohl: Hauptsache ein Ende.



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