Mittwoch, 26. Juli 2017

Sinnloses Sterben im Schützengraben

Der erste Weltkrieg war wohl der erst moderne Krieg: Giftgas, stagnierende Fronten, Ratten, Flammenwerfer, Grabenkämpfe und Generäle, die ihre Truppen wie Holzkohle verheizten machten ihn auch zu einem der Grausamsten. Obwohl der erste Weltkrieg eine gut etablierte Zeitepoche in der Literatur und im Film ist, wird er doch von Videospielentwicklern nur ungern angegriffen. Zu schwer ist es einen Krieg, der in anderen Medien meistens als sinnloses Massensterben dargestellt wird, als launigen, massenmarkttauglichen Shooter zu verwirklichen. Aber der Multiplayershooter Verdun versucht das erst gar nicht, sondern versucht seinen eigenen Weg zu gehen.  

Verdun schafft es während des Spielens eine durchaus bedrückende Atmosphäre herzustellen. Die Maps, die meistens aus verzweigten Gräben bestehen, lassen außer sehr viel Braun kaum andere Farben durchblitzen. Der blaue Himmel, der in den meisten Karten vorherrscht, wirkt als starker Kontrast gegenüber dem braunen, matschigen Kampfboden als starker Kontrast. Hier wird das geringe Budget von Verdun sogar zum Vorteil. Die relativ unzeitgemäße, matschige Grafik verstärkt das Gefühl des schlammigen Kampffelds sogar noch. Vergleicht man Verdun zum Beispiel mit Battlefield 1 sieht man den Unterschied: in Battlefield 1 sind die meisten Karten farblich abwechslungsreich und wirken nicht so trist wie die Verdun. Battlefield 1 hat hier aber eindeutig den Weg des massenmarkttagulichen Shooters gewählt.


Das rigorose Verschwenden von Menschenleben während des Krieges spiegelt sich sogar in der Spielmechanik wieder: im Spielmodus Frontlines herrscht ein ständiges Tauziehen mit dem Gegner. Man kämpft sich vorwärts um einen Graben zu erobern. Die Hälfte des Teams stirbt bei dem Ansturm, die andere Hälfte im Grabenkampf. Die nächste Welle oder die Übernächste schafft es den Graben einzunehmen, daraufhin muss das Gegnerteam das Gleiche machen, wie man vorhin selbst. Zuerst schafft man es einige Anstürmende mit seinem Gewehr aus der Deckung aufzuhalten bis sich die Gegnerhorden in den Graben ergießt und ein wirrer Nahkampf mit Bayonet und Pistolen entbrennt. Bis man entweder den Graben hält und sich weiter nach vorne arbeitet oder man verliert den Graben und muss fliehen und den Nächsten verteidigen. Man selbst und seine Teammitglieder sterben beim Ansturm oder bei der Verteidigung immer wieder, einerseits ist das Ganze natürlich frustrierend aber visualisiert das sinnlose Sterben des Krieges perfekt. 




Montag, 24. Juli 2017

Das ganze Arsenal

Der Militärshooter war schon immer moralisch ambivalent. Einerseits wurde oft von Entwicklern erwähnt, dass man Krieg realistisch und in seiner ganzen Grausamkeit darstellen wolle, am Ende aber glorifizieren manche Shooter den bewaffneten Konflikt mehr noch als manch ein US-Army-Werbefilm. Aber jeder Konflikt braucht eine Waffe: und in modernen Shootern ist das immer eine Schusswaffe. Sei es nun eine M1911, M4A1, AWP oder FAL. Jemand der keine Shooter spielt wird sich jetzt den Schädel kratzen und keine Ahnung haben welcher Waffengattung diese Knarren überhaupt angehören, geschweige denn wissen wie diese aussehen. Aber nahezu 90 Prozent der Videospieler wird bei diesen Namen sofort ein Bild im Kopf haben. AWP. Scharfschützengewehr. M1911. Pistole. M4A1. Maschinengewehr. Aber wie kommen die offiziellen, lizensierten Namen für diese virtuellen Nachbauten echter Waffen eigentlich in das Spiel?

Alle lizensierten Waffen von Battlefield 3
Wohl der erste Shooter mit einer sichtbaren Waffe war wohl Wolfenstein 3D. Angesiedelt im zweiten Weltkrieg hat man eine schmale Auswahl an mehr oder minder zeitgenössischen Waffen: eine generische Pistole, eine Maschinenpistole und eine Minigun (da hört die historische Genauigkeit auch schon wieder auf) Alles ohne Trademark. Fantasieprodukte mit einem losen Hintergrund in der Realität. Springt man 19 Jahre in die Zukunft schaut das Bild schon anders aus. Battlefield 3 feiert seinen Release, in großen Multiplayerschlachten bekriegen sich 64 Spieler mit detailgetreuen Gewehren, die auch alle ihre originalen Namen besitzen. Mit dem Segen der Waffenhersteller. Einerseits sehen diese solche Darstellungen oft als Werbung für ihr Produkt. Sie gehen davon aus, wenn ich eine MP5 oft genug in einer virtuellen Welt benutzt habe, bekomme ich einen Drang diese auch in der echten zu benutzen. Für uns Europäer wirkt diese Denkweise befremdlich, in Amerika scheint diese aber eine halbwegs logische Marketingstrategie zu sein.
 
Es ist aber nicht immer selbstverständlich, dass eine AK-47 in einem Spiel auch wirklich so heißt, die Entwickler ändern oft den Namen. So wird aus einer AK in XIII eine Kalasch, und in Goldeneye wird die gleiche Waffe zu einer  KF7 Soviet. Oft werden Waffen aber auch einfach nach ihrem Archetyp benannt: so wird in Timesplitters 2 die Schrotflinte einfach Schrotflinte genannt. Bei Schusswaffen ist meist nur der Name lizensiert und nicht das Aussehen.


Wirklich problematisch wird es aber erst wenn Waffenkonzerne anfangen bei Videospielen mitzuverdienen. So fließt, laut Barret Vaughn, 5-10 Cent einer verkauften Videospielversion mit lizensierten Waffen an die Waffenhersteller. Über Umwege hat also nahezu jeder Shooterspieler, sei er eigentlich noch so ein Pazifist, wohl Waffenkonzerne finanziell unterstützt, sei es nun durch den Kauf von Counter Strike, Battlefield oder Medal of Honor. Hinzu kommt nach das Waffenkonzerne gerne verlangen, dass ihre Waffen möglichst positiv dargestellt werden um den Werbefaktor zu maximieren. Was aber sollte man dagegen tun? Eine staatlich verpflichtende Kennzeichnungspflicht für Spiele, wo Geld auch an Waffenhersteller fließt, wäre ein Anfang!