Sonntag, 9. Juli 2017

Der Sieger schreibt die Geschichte


Geschichtsrevisionismus ist auch in Jugoslawien ein Problem
Geschichtsrevisionisten (sie nennen sich gerne selbst Geschichtsskeptiker) sagen gerne einen Satz: „Der Sieger schreibt die Geschichte“ Revisionistische Geschichtsanschauungen sind nahezu immer politisch und ideologisch angehaucht und dienen meist zur Legitimation von tyrannischen Regime wie der DDR, dem Dritten Reich oder dem japanischen Kaiserreich, meist durch Leugnung oder Relativierung negativer Taten dieser. Und bei diesen Leugnung kommt nun gerne dieses Zitat von Winfried Martini zum Einsatz. Was nahezu 100% aller Geschichtsgelehrten sagen, dass der Holocaust wirklich geschehen ist, du weißt eh: der Sieger schreibt die Geschichte. Was du sagst, dass der armenische Genozid ein historisches Faktum ist? Der Sieger schreibt die Geschichte!

Die FARC - EP besteht bis heute
Zwar wird dieses Zitat gerne genutzt um generell Misstrauen gegen die “offizielle“ Geschichtsdarstellung zu streuen, aber sämtliche Aussagekraft würde ich ihm auch nicht absprechen: denn der Sieger schreibt schon die Geschichte aber anders als sich das Neo-Nazis, Ostalgiker und Mächtegern-Kolonialherren vorstellen. Nämlich die Wahrheit versteckt sich nicht hinter irgendwelchen Verschwörungstheorien sondern nur unter einer medialen Staubschicht. Nehmen wir mal den ersten Weltkrieg als Beispiel: die Invasion der Achsenmächte in Belgien ist weltweit bekannt und auch in Film und Buch aufbereite aber über den Einmarsch der Alliierten in das neutrale Griechenland weiß kaum jemand bescheid. Oder ziehen wir mal den Kalten Krieg heran: die Daumenschrauben der Vietcong und die Unterstützung der UdSSR von zahlreichen terroristischen Gruppierungen wie der FARC-EP, weniger bekannt: die finanzielle Unterstützung von Al-Qaida durch die USA oder der Stürzung der demokratischen Regierung von Guatemala durch US-amerikanische Intervention.

Demonstrationsplakat gegen Artikel 301
Hier in Österreich ist zwar Geschichtsrevisionismus längst nicht so prävalent wie teilweise in anderen Staaten (unter anderem wegen Organisationen wie dem DÖW) aber auch hier gibt es teils geschichtsverfälschende Meinungen, die von einer breiten Massen mitgetragen werden (zum Beispiel die recht verbreitete Vorstellung, dass die Wehrmacht eine “saubere Armee“ war, eine Tatsachenvorstellung die vermutlich aus einer gewissen “Mein Opa war doch kein Kriegsverbrecher“-Mentalität hervorgegangen ist) Man darf aber nicht vergessen, dass der Geschichtsrevisionismus in anderen Ländern ein weit größeres Problem darstellt: so wird bis heute der Genozid an dem armenischen Bevölkerungsteil im osmanischen Reich relativiert und gerechtfertigt (Menschen die den armenischen Völkermord als Tatsache anerkennen können sogar aufgrund des Artikels 301 im türkischen Strafrecht juristisch verfolgt werden). Aber nicht nur in die Diktatur abschlitternde Länder betreiben staatlichen Geschichtsrevisionismus: so wurde 2005 in Frankreich ein Gesetz verabschiedet, dass Universitäten und Schulen zwingen sollte, die Kolonialzeit Frankreichs positiv darzustellen.

Was man sich bei irgendwelchen Geschichtsdarstellungen immer fragen sollte: ist diese spezielle Darstellung ideologisch angehaucht? Bringt diese genaue Darstellung einer Partei, Gesinnung oder Person etwas? Geschichtswahrnemmung sollte nicht durch Politik, Ideologie oder Wunschdenken geprägt werden sondern durch Fakten.

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